Die Hand, die einen füttert, beisst man nicht

Die Hand, die einen füttert, beisst man nicht

Papier ist bekanntlich geduldig. Unabhängiger, fairer Journalismus wird zwar in allen Statuten der Berufsverbände postuliert, praktiziert wird er jedoch immer weniger und kontrolliert schon gar nicht. Unabhängigkeit muss man sich ja auch leisten können. Je knapper das Redaktionsbudget, umso schlechter ausgebildet (sind) die Journalisten und umso grösser (ist) die Versuchung den verbliebenen Werbeauftraggebern gefällig zu sein.

Bei Fachzeitschriften ist dies eher die Regel als die Ausnahme. Zum Beispiel kann es sich kaum eine Medizinfachzeitschrift leisten, das Geschäftsgebaren eines grossen Pharmaunternehmens im redaktionellen Teil der Zeitschrift zu hinterfragen. Ziemlich offensichtlich ist das bei jenen Blättern, bei denen Chefredaktor und Verlagsleiter in Personalunion fungieren. Viel bedenklicher ist jedoch, dass auch andere, traditionelle Medien wie Tageszeitungen ihre bislang hohe Glaubwürdigkeit mit einem gefälligen, unprofessionellen Journalismus aufs Spiel setzen.

Anstelle von Journalisten werden billige Praktikanten eingesetzt, und aus der Stelle des Wirtschaftsjournalisten wird ein Nebenjob für Leute mit «Flair fürs Schreiben». Solche Blätter verlieren ihre Berechtigung, im Medienmarkt mitzuspielen. Sie sind weder unterhaltend noch liefern sie einen Beitrag zur Meinungsvielfalt.

Auch wenn die Freude an einem eins zu eins abgedruckten Medienkommuniqué gross ist, kann die Werbewirtschaft kein Interesse an unglaubwürdigen, erpressbaren Medien haben. Wir brauchen auf den Rückseiten unserer Inserate Artikel, die es sich zu lesen lohnt. Ein glaubwürdiges Medium wertet auch unsere kommerziellen Botschaften auf. Der Inseratetarif steigt und fällt mit dem Image des Mediums.

 

Mit freundlichen Grüssen

Fredy Obrecht

Die Hand, die einen füttert, beisst man nicht