Firmenjubiläum: Na und?

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Firmenjubiläum: Na und?

Am 1. Mai 1988 haben wir beim Handelsregisteramt Aarberg die Kollektivgesellschaft Publix Kommunikation, Fredy Obrecht und Yvonne Ulli, eingetragen. Die Werbeagentur Publix – mittlerweile eine Aktiengesellschaft – gibt es folglich seit 25 Jahren. Gemäss Bundesamt für Statistik überleben nur rund 50 % der Unternehmen die ersten fünf Jahre nach der Gründung. Dienstleistungsunternehmen sind besonders anfällig, bereits in der Startphase eine Bruchlandung zu erleiden. Publix gehört somit zur erfolgreichen Hälfte der Überlebenden. Sind diese 25 Jahre nun ein Grund, den Champagner kalt zu stellen? Oder ganz grundsätzlich: Sind Firmenjubiläen im Markt überhaupt relevant oder lediglich Ausdruck von Selbstverliebtheit?

Interessiert es den potenziellen Kunden wirklich, ob ein Anbieter seit fünf, zehn oder fünfundzwanzig Jahren auf dem Markt ist? Bieten ältere Unternehmen ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis? Jungunternehmer, die auf den Markt drängen, sind hungrig und erfrischend frech. Dagegen haben Unternehmen, die es schon Jahrzente gibt, einiges an Erfahrung gesammelt und die internen Strukturen auf Effizienz getrimmt. Sie haben den Beweis geliefert, dass ihr Angebot marktgerecht ist und die Chancen intakt sind, auch in Zukunft noch als Ansprechpartner da zu sein. Unternehmerisches Alter alleine bietet jedoch keine Überlebensgarantie: Die Swissair wurde 71 Jahre nach ihrer Gründung im Jahr 2002 liquidiert. Als die Erb-Gruppe 2003 nach 83 Jahren ihr Leben aushauchte, ging dies als die grösste Firmenpleite der Schweiz in die Geschichte ein.

Folgende Faktoren erhöhen die Chance auf unternehmerisches Überleben:

Eindeutige Identität

Eine eigenständige, unverwechselbare Corporate Identity erleichtert Kunden, Mitarbeitenden und Partnern die Identifikation. Klare Leitlinien sind die Grundlage für eine tragfähige Firmenkultur und erleichtern Entscheidungen in der täglichen Arbeit.

Wachsamkeit

Die technischen, sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verändern sich laufend. Was heute der Renner ist, kann schon morgen zum Ladenhüter verkommen. Neue Produkte können innert kürzester Zeit die einstige Basis des Unternehmens substituieren. Wie zum Beispiel die legendären Polaroid-Kameras, die von der rasanten Entwicklung der digitalen Fotografie vom Markt gefegt wurden. Das Internet und die mobile Kommunikation liefern eine ganz andere Form der Markttransparenz. Und die veränderte Demographie unserer Gesellschaft stellt die Alterspyramide auf den Kopf. Folglich ist es unerlässlich, das eigene Angebot laufend zu überprüfen und den sich verändernden Rahmenbedingungen anzupassen.

Innovation und Vitalität

Die Lebenszyklen von Produkten werden kürzer. Auch erfolgreiche Produkte müssen immer wieder neu erfunden werden. Manager brauchen deshalb Freiräume, um über das Wesentliche nachzudenken. Wer vom Daily Business absorbiert wird, hat nicht die Zeit und die Kraft, neue Ideen zu entwickeln.

Der Spruch «Das haben wir schon immer so gemacht» ist der Anfang vom Ende. Es reicht nicht mehr, die Ideen der Mitbewerber zu kopieren. Sich auf den Preiskampf mit der Konkurrenz einzulassen, ist ruinös und frustrierend. Da ist es besser, etwas Neues zu versuchen und Experimente und Scheitern zuzulassen, um die ausgetretenen Pfade zu verlassen.

Bodenständigkeit

Es gibt aber auch Bereiche, in denen ein konservatives Verhalten der bessere Weg ist, insbesondere bei den Finanzen. Unternehmen mit starken Wurzeln können ein wirtschaftliches Unwetter besser überstehen. Wenn das Wachstum aus der eigenen Kasse finanziert werden kann, reduzieren sich das Risiko und die Abhängigkeit von externen Faktoren wie zum Beispiel den Finanzmärkten.

Ein Paradebeispiel, wie man es machen sollte, liefert die Swatch Group. Innovativ und experimentierfreudig im Angebot, konservativ wie ein Familienunternehmen im Geschäftsgebaren. Eine wichtige Hürde hat die Swatch Group mit Bravour genommen: die Nachfolgeregelung. Insbesondere inhabergeführte KMUs drohen an der fehlenden Nachfolge zu scheitern und nicht immer lässt sich eine familieninterne Regelung finden.

Natürlich freuen wir uns, dass die Werbeagentur Publix AG 25 Jahre im Geschäft ist. Wahrscheinlich haben wir doch einiges richtig gemacht. Und selbstverständlich werden wir am 1. Mai etwas Prickelndes zum Anstossen aus dem Kühlschrank holen. Aber wir sind uns bewusst: ein Anlass zum Zurücklehnen und Herunterfahren ist dieses Jubiläum nicht. Eher das Gegenteil: eine Aufforderung, ebenso hungrig und erfrischend frech zu sein wie vor 25 Jahren. Genau das bieten unsere jungen Konkurrenten auch, aber niemals mit der gleichen ausgewogenen Reife!

 

Fredy Obrecht